„Ich betrachte mich als glücklicher Mann.“

Gaston Collet wird 1921 in Lausanne geboren. Seine Mutter ist aus dem Piemont und arbeitet als Köchin in einem Hotel und sein Vater ist Sommelier. Das Familienhotel, in dem er schon als Kind mitarbeitet, müssen die Eltern nach dem Börsencrash verkaufen. Er wächst mit seinen vier Geschwistern in einer herzlichen Familie auf. Dennoch ist seine Kindheit von Herausforderungen geprägt: Wegen seiner kleinen Größe, seiner Schüchternheit und seiner Herkunft wird er oft gehänselt und ausgegrenzt. Zwar gehört er zu den Klassenbesten, bleibt aber oft alleine auf dem Schulhof. Das schwächt sein Selbstvertrauen für viele Jahre.
Als Jugendlicher interessiert sich Gaston Collet für die Wissenschaften und die Elektrizität. Er ist wissbegierig, will immer bei Allem wissen: „wo, was, wann und wie“. Er möchte auf der Berufsschule Elektotechnik lernen, aber seine Eltern sind wegen der Wirtschaftskrise dagegen. Stattdessen besucht er in Basel eine Handelsschule, ist begeistert vom dortigen Chemieunterricht und Werkstofflehre, erwägt eine Karriere im Zollwesen, doch auch dieser Plan wird durch den Krieg und die Grenzschliessungen vereitelt. 1945 nimmt er eine Stelle bei der Post in Lausanne an und beginnt dort eine lange Karriere. Nach den schwierigen Erlebnissen in seiner Kindheit sind es seine Karriere und sein sozialer Aufstieg, die ihm ermöglichen, sich neu zu erfinden und an Selbstsicherheit zu gewinnen.
In Lausanne trifft er Esther, die Telefonistin mit „den schönen schwarzen Augen“. 1948 heiraten die beiden und gründen eine große Familie mit fünf Kindern. „Ich hatte eine bewundernswerte, unvergleichliche Frau“, sagt er. 64 Jahre lang führten die beiden ein glückliches Familienleben, bis zum Tod seiner Ehefrau 2012.
Beruflich arbeitet er sich hoch, bis in die Direktion der Postämter von Lausanne. Mit 50, auf der Suche nach Veränderungen, wechselt er in die Generaldirektion der Post in Bern. Er ist stolz auf seine Arbeit, die einen wichtigen Platz in seinem Leben einnimmt.
Nachdem ihre Kinder das Haus verlassen haben, reisen Gaston Collet und seine Ehefrau rund um die Welt. Auch im hohen Alter ist er jede Woche in der Schweiz unterwegs zu Fuß und mit dem Zug.
Gaston Collet erzählt gerne, dass er zwei Leben gelebt hat – eines vor und eines nach der Pensionierung. Zu seinem Leben nach der Pensionierung sagt er: „Ich habe mich ausgetobt“. Er begeistert sich für Paläoarchäologie, Geschichte, Astronomie, Botanik und Musik, besucht Kurse an der Volkshochschule, spielt Klavier und restauriert Elektrogeräte, ganz im Sinne seines Kindheitstraums. Außerdem wird er Reiseleiter in Lausanne und teilt dort seine Neugier und seine Liebe zur Stadt.
Mit 102 Jahren ist Gaston Collet immer noch neugierig und ein unermüdlicher Optimist.
Er führt seine Langlebigkeit auf seine intellektuelle Neugier, sein soziales Netzwerk und die täglichen Yogaübungen zurück, die er seit seinem 40 sowie bis zum Alter von 95 Jahren Wanderungen mit dem Alpenverein. Lebensjahr macht. Es war nie sein Ziel, so lange zu leben; er hat immer von Tag zu Tag gelebt, in tiefem Glauben an Gott und erfüllt von einem reichen spirituellen Leben.



